Zum Hauptinhalt springen

Position des ZDB

Nachhaltige Finanzierung

Die EU-Kommission hat den „Green Deal“ angestoßen, um die Pariser Klimaziele von 2016 und die UN-Nachhaltigkeitsziele von 2015 zu erreichen. Zur Umsetzung wurde ein EU-weiter Investitionsbedarf von 260 Mrd. Euro jährlich identifiziert. Um mit diesen Finanzmitteln gezielt nachhaltiges Wirtschaften zu fördern, wurde die EU-Taxonomie entwickelt - zunächst als Klassifizierungssystem für Investoren zur Beurteilung der Nachhaltigkeit von Anlageprodukten.

Die EU-Kommission hat den „Green Deal“ angestoßen, um die Pariser Klimaziele von 2016 und die UN-Nachhaltigkeitsziele von 2015 zu erreichen. Zur Umsetzung wurde ein EU-weiter Investitionsbedarf von 260 Mrd. Euro jährlich identifiziert. Um mit diesen Finanzmitteln gezielt nachhaltiges Wirtschaften zu fördern, wurde die EU-Taxonomie entwickelt - zunächst als Klassifizierungssystem für Investoren zur Beurteilung der Nachhaltigkeit von Anlageprodukten. In der konkreten Umsetzung wird nun deutlich, dass auf eine erheblich breitere Anwendung in der Wirtschaft abgezielt wird. So werden Banken und große GUs künftig berichtspflichtig sein, wie nachhaltig sie hinsichtlich der folgenden sechs Umweltziele „wirtschaften“:

  1. Klimaschutz,
  2. Anpassung an den Klimawandel,
  3. nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen,
  4. Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Abfallvermeidung und Recycling,
  5. Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung und
  6. Schutz gesunder Ökosysteme.

Banken werden daher ihre Unternehmenskunden nach der Nachhaltigkeit ihres Geschäfts fragen, um belegen zu können, dass ihre Finanzmittel in nachhaltige Projekte und Unternehmen fließen. Und Bauherren und GUs werden von Baustofflieferanten und Subunternehmerntechnische Daten zur ökologischen Nachhaltigkeit fordern,um die Nachhaltigkeit eines Gebäudes nachweisen zu können und eigene Berichtspflichten zu erfüllen.

Diese breite Entwicklung, die deutlich über das Ziel der Kennzeichnung von Anlageprodukten hinausgeht, ist in den zugrundeliegenden EU-Richtlinien und Verordnungen so nicht vorgegeben, wird aber laut von allen Beteiligten (EU, Banken, Großunternehmen) mitgedacht.

Unsere Forderung

Die Taxonomie muss ein freiwilliges Rahmenwerk für die Nachhaltigkeit von Anlageprodukten bleiben. Sie soll Anlegern helfen, informierte Entscheidungen zu treffen.

Was ist bisher geschehen?

Die Taxonomie-Verordnung (EU) 2020/852 ist im Juli 2020 in allen EU-Mitgliedstaaten in Kraft getreten: Um sich als „grün“ klassifizieren zu lassen, müssen unternehmerische Aktivitäten (1.) zu einem der sechs Umweltziele oben wesentlich beitragen, ohne (2.) eines der fünf anderen Ziele erheblich zu beeinträchtigen („DNSH“: Do no significant harm). Außerdem müssen (3.) soziale Mindeststandards gewahrt sein („minimum social safeguards“).

Für die ersten beiden Umweltziele „Klimaschutz“ und „Anpassung an den Klimawandel“ hat die EU-Kommission Ende 2021 einen delegierten Rechtsakt mit technischen Bewertungskriterien veröffentlicht, die eine wirtschaftliche Tätigkeit (z.B. Gebäude sanieren) erfüllen muss, um wesentlich zu Umweltziel 1 oder 2 beizutragen. Der Rechtsakt ist seit Januar 2022 verbindlich in allen Mitgliedstaaten anzuwenden: Nur wenn die technischen Bewertungskriterien (1.) erfüllt sind, ohne dass andere Umweltziele (2.) oder die Mindeststandards (3.) verletzt werden, gilt eine wirtschaftliche Aktivität als „Taxonomie konform“ und damit als „ökologisch nachhaltig“ im Sinne der EU-Taxonomie.

Für die restlichen vier Umweltziele werden die Kriterien etappenweise erarbeitet. So befinden sich derzeit die technischen Kriterien für den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft (Umweltziel 4) nach einer ersten öffentlichen Konsultation im Entwurfsstadium.

Wie wendet man die Taxonomie-Verordnung an?

Der Bausektor ist im ersten delegierten Rechtsakt für Klimaziel 1 und 2 (jeweils etwa 300 Seiten für alle Wirtschaftssektoren; Kapitel 7 „Bau und Gebäude“) mit folgenden wirtschaftlichen Aktivitäten vertreten:

  • Bau neuer Gebäude
  • Renovierung bzw. Sanierung von Gebäuden
  • Bau von Infrastruktur (inkl. erneuerbare Energien, Ladestationen)
  • Installation, Instandhaltung und Reparatur diverser Anlagen in Gebäuden
  • Erwerb und Eigentum von Gebäuden

Wichtig: Bautätigkeiten werden nicht nur im Abschnitt „Bau“ der Taxonomie genannt, sondern auch in den Abschnitten Energie, Wasserversorgung/Abfallwirtschaft sowie Transportinfrastruktur (à Straßenbau). Insgesamt finden sich im ersten delegierten Rechtsakt mehr als 40 wirtschaftliche Bautätigkeiten. Diese sind „Taxonomie relevant“.

Die technischen Kriterien für die Umweltziele 1 und 2 wurden in der „Technischen Expertengruppe“ der EU-Kommission erarbeitet, die größtenteils aus Vertretern des Finanzsektors bestand. Die Kriterien für die Ziele 3 bis 6 werden aktuell in der „EU-Plattform für nachhaltige Finanzierung“ erarbeitet. Der europäische Dachverband des ZDB, die FIEC, ist dort auch vertreten. Einen starken Einfluss auf die Formulierung der Kriterien üben allerdings die zahlreich vertretenen Umweltorganisationen aus.

Beispiele für „technische Kriterien“ in der EU-Taxonomie

  • Ein wesentlicher Beitrag für den Klimaschutz wird im Hochbau (Neubau, Errichtungsdatum nach dem 31.12.2020) geleistet, wenn der Primärenergiebedarf eines Gebäudes mind. 10 % unter den Mindestanforderungen für ein Niedrigstenergiegebäude liegt, der in den nationalen Maßnahmen zur Umsetzung der Gebäudeenergieeffizienzrichtlinie 2010/31/EU für die Gesamtenergieeffizienz festgelegt wurde (also in Deutschland 10% unter dem Primärenergiebedarf des im Gebäudeenergiegesetz GEG geforderten Standards).
  • Gebäude, deren Errichtungsdatum vor dem 31.12.2020 liegt ("Gebäudebestand"), sind Taxonomie konform, wenn sie mind. den Energieeffizienzanforderungen des Energy Performance Certificate A entsprechen. Alternativ sind sie auch dann Taxonomie konform, wenn sie hinsichtlich ihres Primärenergiebedarfs zu den besten 15% des nationalen oder regionalen Gebäudebestandes gehören.

Gleichzeitig dürfen folgende DNSH-Kriterien aus den anderen Umweltzielen nicht verletzt werden:

  • Für Badezimmer gilt, dass Handwaschbecken einen max. Wasserdurchfluss von 6 l/min und Duschen von 8 l/min haben müssen. WC-Spülkästen fassen nicht mehr als 6 l und spülen mit maximal der Hälfte.
  • Bei Sanierungsarbeiten im Gebäudebereich ist eine Reduzierung des Primärenergiebedarfs von mindestens 30 % zu erreichen, damit die Sanierung als nachhaltig gilt.
  • Von den auf Baustellen für Gebäudesanierungen anfallenden nicht gefährlichen Bau- und Abbruchabfällen (ausgenommen Boden und Steine: EAV-Nr. 170504) sind mind. 70 % Masse zur Wiederverwendung aufzubereiten, dem Recycling oder einer sonstigen stofflichen Verwertung (einschließlich Verfüllung) zuzuführen.
  • Außerdem müssen Maßnahmen zur Reduzierung von Lärm-, Staub- und Schadstoffemissionen bei den Bau- oder Wartungsarbeiten getroffen werden. So sollen Baumaterialien weniger als 0,06 mg Formaldehyd pro m³ und weniger als 0,001 mg anderer krebserregender flüchtiger organischer Verbindungen in die Innenraumluft abgeben.

Viele Maßgaben sind in Deutschland bereits Standard und haben dem Expertenforum als Vorbild gedient. 

Unsere Forderungen

Die Taxonomiekriterien müssen auf realistisch erreichbaren Baustandards basieren: Maximalforderungen verteuern das Bauen überproportional zum Umweltnutzen und halten Bauherren eher vom Taxonomie konformen Bauen ab.

Für die freiwillige Berichterstattung, aber auch für kleinere Projekte von KMUs sollten einfache Bewertungssysteme mit einer überschaubaren Anzahl an Kriterien entwickelt werden. Denn mittelständische Bauunternehmen beweisen schon lange ihr großes Engagement in Fragen der Nachhaltigkeit, z.B. beim energieeffizienten Bauen, beim Einsatz nachhaltiger oder recycelbarer Baustoffe oder beim klimaresilienten Bauen.

Berichtspflichten zur Nachhaltigkeit des eigenen Geschäfts

Nachhaltig zu bauen ist grundsätzlich freiwillig. Durch eine Pflicht zur Berichterstattung von Banken und größeren Unternehmen will die EU Druck ausüben, dass es auch getan wird. Als Druckmittel fungieren die zum Bauen notwendigen Finanzmittel. Die Berichtspflicht wurde mit Art. 8 der Taxonomie-Verordnung eingeführt in Verbindung mit der geltenden NFRD-Richtlinie (Non-financial Reporting Directive).

Demnach besteht schon seit 2017 für große kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern sowie für Banken die Pflicht, den Lagebericht um nicht-finanzielle Aspekte zu ergänzen (sog. CSR-Reporting, Corporate Social Responsibility). Dazu gehören auch Umweltaspekte, Arbeitnehmerrechte, Arbeitsbedingungen, Chancengleichheit, Menschenrechte, Bekämpfung von Korruption und Bestechung, politisches Engagement, Geschäftsbeziehungen, Kontrolle und Risikomanagement (z.B. Tax-Compliance).

Ab 2022 tritt zur NFRD-Richtlinie, die definiert, wie die Berichterstattung zu erfolgen hat, die Taxonomie-Verordnung als Grundlage hinzu: 2022 müssen demnach kapitalmarkt-orientierte Unternehmen über 500 Mitarbeiter eine Liste ihrer wirtschaftlichen Tätigkeiten offenlegen und prüfen, ob diese in der Taxonomie genannt werden („Taxonomie relevante Tätigkeiten“). Basis: Geschäftsjahr 2021. Folgende drei Kennzahlen sind dazu zu veröffentlichen (key performance figures, KPI’s):

  1. Taxonomie relevante Umsätze / Gesamtumsatz
  2. Aufwand für Taxonomie relevante Investitionen / Gesamtinvestitionen ("CapEx")
  3. Taxonomie relevanter betrieblicher Aufwand / gesamter Betriebsaufwand ("OpEx")

Ab 2023 ist für diese als Taxonomie relevant identifizierten Tätigkeiten zu prüfen, ob sie „Taxonomie konform“ sind, ob sie also die technischen Kriterien der Taxonomie erfüllen - und zwar für jede Tätigkeit einzeln. Basis: Geschäftsjahr 2022. Folgende drei Kennzahlen sind dazu zu veröffentlichen:

  1. Taxonomie konforme Umsätze / Gesamtumsatz
  2. Aufwand für Taxonomie konforme Investitionen / Gesamtinvestitionen ("CapEx")
  3. Taxonomie konformer betrieblicher Aufwand / gesamter Betriebsaufwand ("OpEx")

Ab 2023 müssen außerdem Banken mit mehr als 500 Mitarbeitern über die Nachhaltigkeit ihrer Finanzierungen berichten, u.a. anhand der Kennzahl „Green Asset Ratio“. Ganz offensichtlich benötigen sie dazu Informationen über die Nachhaltigkeit ihrer Kunden.

Unsere Forderung

Verschiebung der Umsetzung der Berichtspflichten um mindestens ein Jahr

Inwieweit sind kleine und mittelständische Unternehmen betroffen?

Aktuell wird die NFRD-Richtlinie überarbeitet und voraussichtlich Mitte 2022 als CSRD-Richtlinie (Corporate Sustainability Reporting Directive) beschlossen. Anschließend soll sie bis Dezember 2022 in deutsches Recht umgesetzt werden und Anfang 2023 in Kraft treten. Lageberichte, die 2024 für das Geschäftsjahr 2023 aufgestellt werden, unterliegen dann den Anforderungen der CSRD-Richtlinie.

Der aktuelle Entwurf der CSRD-Richtlinie sieht eine Herabsetzung der Unternehmensgröße bei der Berichtspflicht vor: Demnach sollen ab 2024

  • alle Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern und/oder
  • mehr als 40 Mio. € Umsatz (Gesamtleistung) und/oder
  • mehr als 20 Mio. € Bilanzsumme

im Lagebericht für das Jahr 2023 ausführliche Angaben zur Nachhaltigkeit ihrer Geschäftstätigkeit machen (zwei von drei Schwellenwerten müssen überschritten sein).

Es gilt als sicher, dass diese Schwellenwerte auch so beschlossen werden. Die Tatsache, dass die Bundesregierung Deutschland zum Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit machen möchte, und die Tatsache, dass der Bau als „kritischer Sektor“ für die Nachhaltigkeit gilt, lässt befürchten, dass dieser Schwellenwert noch weiter gesenkt werden könnte.

Unsere Forderungen

KMUs unter 250 Mitarbeiter müssen weiterhin von der Verpflichtung zur Berichterstattung freigehalten werden; sie können den bürokratischen Aufwand einer umfangreichen Nachhaltigkeitsberichterstattung nicht stemmen.

Für eine freiwillige Anwendung müssen vereinfachte Standards entwickelt werden.

Was gilt für die Kreditvergabe bei Banken

Banken und Großunternehmen fordern von der Bundesregierung nachdrücklich die Zuarbeit der Nachhaltigkeitsdaten, die sie für ihre Berichterstattung benötigen, durch ihre Kunden, Auftragnehmer und Lieferanten. Die Banken haben bereits begonnen, ihre Ratingsysteme um Nachhaltigkeitsaspekte zu ergänzen („ESG-Scoring“), und führen erste Gespräche mit ihren Unternehmenskunden. Ab 2023 müssen sie über die Kennzahl Green Asset Ratio nachweisen, wie hoch ihr Anteil an „grünen Finanzierungen“ ist. Und schließlich kann „oben“ nur berichtet werden, was „unten“ an Daten geliefert wird.

Unsere Forderungen

Die Förderung grüner Investitionen darf nicht zu Lasten der Finanzierungsmöglichkeit nicht-taxonomie-konformer Unternehmen gehen. Und die Eigenkapitalunterlegung für Kredite darf nur vom Kreditrisiko abhängen, nicht von der Nachhaltigkeit des Projekts.

Die Betriebsmittelfinanzierung von KMU darf nicht von Nachhaltigkeitsberichten gegenüber der Bank abhängig gemacht werden.

Für geringe Projektgrößen bzw. Finanzierungsvolumina müssen Banken von der Prüfung der Nachhaltigkeit befreit werden („Bagatellgrenze“).

Abweichend vom bisherigen Vorgehen dürfen öffentliche Fördermittel nicht nur für technische Anforderungen zur Verfügung stehen, die über das gesetzlich Vorgeschriebene hinausgehen, sondern auch für Nachhaltigkeit im Sinne der EU-Taxonomie. Das heißt auch: Gefördert werden darf nicht nur, was bereits Taxonomie konform ist. Gefördert werden muss auch die Transformation: Fördermittel müssen Unternehmen in die Lage versetzen, nachhaltig zu werden.

Änderung der Ausschreibungen

Erste öffentliche Auftraggeber definieren in ihren Ausschreibungen die Zuschlagskriterien mit „85% Preis, 15% Nachhaltigkeit“ und fordern Nachhaltigkeitskonzepte. Das wird dann auch die Subunternehmer in diesen Projekten betreffen.

Weitergehende Planungen sind eine Social Taxonomy, die von EU-Experten bereits vorbereitet wird.

Unsere Forderungen

Der ZDB fordert bundesweit einheitliche Ausschreibungsregularien, die sich an den in der EU festgelegten technischen Kriterien orientieren. Das heißt: Für jedes Straßenbauprojekt in Bund oder Land sollten dieselben Nachhaltigkeitskriterien gelten. Nur dann können sich die Unternehmen darauf einstellen.

Die Wirtschaft darf mit darüber hinaus gehenden Taxonomien nicht überfordert werden.

Verwandte Positionen

Wohnungsneubau

Es ist eine der großen sozialen Fragen der Gegenwart: Wie schaffen wir genug bezahlbaren Wohnraum? Der Wohnungsneubau ist daher von elementarer Bedeutung. Klar ist: Die mittelständischen Unternehmen stehen bereit, die…

Geben Sie unsere Position weiter!

Teilen Sie unseren Standpunkt in Sozialen Netzwerken oder in Ihrem direkten Umfeld.

Nachhaltige Finanzierung - Sustainable Finance

Wie sinnvoll energetische Modernisierungsmaßnahmen im Gebäudebestand sind, wird z. T. in Frage gestellt. Dass sich der Energiebedarf für Heizung und Warmwasser durch Verbesserung der Energieeffizienz einsparen lässt, ist unumstritten. Strittig ist jedoch, wann sich die Aufwendungen durch verminderte Energiekosten amortisieren. Zur Verunsicherung tragen vereinzelte Berichte über mögliche Brandgefahr, Schimmelbildung in Räumen oder Algenbildung auf Fassaden bei.