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Position des ZDB

ZDB-Positionen zur Fachkräftesicherung im Baugewerbe

Das Baugewerbe braucht Kompetenz und Flexibilität!

Fast jedes Bauvorhaben ist ein Unikat. Die Bauunternehmen brauchen für seine Erstellung daher immer den spezifischen Mix in Hinblick auf personelle Kapazitäten und fachliche Kompetenzen. Flexibler Personaleinsatz und der Zugriff auf fachlich kompetente Mitarbeiter gehören daher zum Erfolgsrezept für kostengünstiges und qualitativ gutes Bauen. Das Baugewerbe braucht dazu die notwendigen gesetzlichen Rahmenbedingungen.

Fast jedes Bauvorhaben ist ein Unikat. Die Bauunternehmen brauchen für seine Erstellung daher immer den spezifischen Mix in Hinblick auf personelle Kapazitäten und fachliche Kompetenzen. Flexibler Personaleinsatz und der Zugriff auf fachlich kompetente Mitarbeiter gehören daher zum Erfolgsrezept für kostengünstiges und qualitativ gutes Bauen. Das Baugewerbe braucht dazu die notwendigen gesetzlichen Rahmenbedingungen.

Das Bauhauptgewerbe hat in den letzten Jahren seinen Personalbestand erheblich aufgestockt auf im Jahr 2021 890.000 Beschäftigte. Die Branche hat ihr Ausbildungsengagement vor allen Dingen mit Hilfe des allgemeinverbindlichen Berufsbildungs-Tarifvertrages verstärkt: Die Zahl der Ausbildungsverhältnisse lag 2021 bei knapp 38.000.

Hohe allgemeinverbindliche Branchen-Mindestlöhne (2021: Mindestlohn 1: 12,85 €, Mindestlohn 2: 15,70 €) und hohe Ausbildungsvergütungen schaffen zwar attraktive Vergütungsbedingungen für Tätigkeiten mit oftmals hohen körperlichen Anforderungen. Doch der demografische Wandel – 150.000 Arbeitnehmer werden die Branche altersbedingt in den nächsten 10 Jahren verlassen - , die Konkurrenz mit anderen nach Arbeitskräften suchenden Branchen und die aufgrund der körperlichen Anforderungen nur beschränkte Einsatzmöglichkeiten für ältere oder weibliche Arbeitnehmer führen dazu, dass der Arbeitskräftebedarf der Branche mit inländischen Arbeitnehmern schon lange nicht mehr gedeckt werden kann.

So waren im Jahr 2020 etwa 82.000 Entsendearbeitnehmer auf deutschen Baustellen beschäftigt. Über die sogenannte Westbalkan-Regelung sollten weitere Arbeitnehmer temporär im Bauhauptgewerbe in Deutschland beschäftigt werden. Doch die Corona-Pandemie und lange Visaverfahren von über einem Jahr führen dazu, dass nur wenige Arbeitnehmer auf diesem Weg im deutschen Baugewerbe Beschäftigung finden.

Das deutsche Baugewerbe wird trotz der bereits bzw. noch bestehenden Rekrutierungsmöglichkeiten in den nächsten Jahren per Saldo über 100.000 weitere Arbeitskräfte benötigen um die bestehenden Defizite im Bereich des Wohnungsbaus und der Infrastruktur abarbeiten zu können.

1. Baugewerbe braucht praxisnahes Fachkräfteeinwanderungsgesetz

Der Rückgang der erwerbsfähigen Beschäftigung in Deutschland wird im Baugewerbe noch mehr zu der Notwendigkeit führen, Menschen aus dem Nicht-EU-Ausland eine Beschäftigungsperspektive zu bieten. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz stellt hierfür die Schlüsselvorschrift dar. Das Gesetz soll Beschäftigung in Deutschland ermöglichen, nicht sie verhindern. Dazu muss das Gesetz nachgebessert werden.

So sind die Restriktionen für Ausbildungsplatzsuchende zu eng. Es ist schlicht und ergreifend unrealistisch, davon auszugehen, dass junge Menschen mit einem hochwertigen Abschluss einer deutschen Auslandsschule oder sogar der Hochschulzugangsberechtigung in der Tasche sich um eine Ausbildung als Mauer oder Zimmermann bemühen werden. Die Hürden sind hier zu hoch gesetzt.

Die hohe Qualität der deutschen bauhandwerklichen Ausbildung führt auch dazu, dass es außerhalb Deutschlands nur wenige Arbeitskräfte geben wird, denen die Ausländerbehörde ein der heimischen Berufsausbildung vergleichbares Qualifikationsniveau attestieren wird. Die notwendige Nachqualifizierung wird daher nicht der Ausnahme-, sondern der Regelfall sein, so dass hierfür die einzuhaltenden vorgesehenen Fristen (18 Monate, in Ausnahmefällen 24 Monate) für den Erwerb der weiteren Qualifikation nicht zu kurz bemessen sein dürfen.

Extrem problematisch für das Baugewerbe ist, dass das Gesetz keine Möglichkeit eröffnet, Menschen mit langer berufspraktischer Erfahrung, innerhalb derer vertiefte Kenntnisse und Fertigkeiten erworben wurden, einen Aufenthaltstitel einzuräumen, da die vorgesehene Ausnahmevorschrift nur auf die Branche Informations- und Kommunikationstechnologie beschränkt wurde.  Hier muss nachgebessert werden, beispielsweise durch eine Regelung analog zu § 6der Beschäftigungsverordnung, damit das Gesetz nicht an den mittelfristigen Bedürfnissen und Erfahrungen der Praxis vorbeiläuft.

2. Baugewerbe braucht Anwerbeagentur

Unterstützt werden sollte die Anwerbung von Bauarbeitern im Ausland durch eine Agentur nach dem Muster der Deutschen Fachkräfteagentur für Gesundheits- und Pflegeberufe. Diese sollten beim Bauministerium angesiedelt werden und eng mit dem BMAS und dem Bildungsministerium und der Bundesagentur für Arbeit kooperieren.  Dadurch kann gezielt für eine Beschäftigung im Baugewerbe geworden werden. So kann auch für mittelständische Unternehmen vor Ort eine Personalsuche organisiert, der Erwerb von Sprachqualifikationen durch ausländische Arbeitnehmer begleitet und Unternehmen und potentielle Arbeitnehmer bei Erledigung der Formalitäten unterstützt werden.

3. Baugewerbe braucht Westbalkan-Regelung

Gerade einfache, von heimischen Arbeitnehmern nicht mehr ausgeübte Tätigkeiten („Eisenbiegen“) werden von angelernten, aber sehr erfahrenen Arbeitnehmern vom Westbalkan ausgeführt, die auf Basis dieser 2023 auslaufenden Westbalkan-Regelung zeitweise im deutschen Baugewerbe beschäftigt sind.

Auf diese überwiegend im Wohnungsbau eingesetzten Arbeitnehmer ist das Baugewerbe auch nach In-Kraft-Treten des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes dringend angewiesen. Sofern daher nicht durch eine Ergänzung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes auch informell qualifizierten Arbeitnehmer ein dauerhafter Aufenthaltstitel zur Arbeitsaufnahme in Deutschland eingeräumt wird (siehe hierzu oben unter 1.), ist das Baugewerbe auf eine Verlängerung der bisherigen Westbalkan-Regelung über das Jahr 2023 hinaus angewiesen. Die Unternehmen brauchen hier bald Rechts- und Planungssicherheit. Weiterhin sollte das Kontingent von 25.000 auf 50.000 erhöht werden. Außerdem muss die Laufzeit für die Visaverfahren auf drei Monate verkürzt werden.

4. Baugewerbe braucht Öffnung der Zeitarbeit

Nachdem die Kontrollen auf den Baustellen verstärkt worden sind und weiter verstärkt werden ist es nun an der Zeit, die bisher alleine für das Baugewerbe geltend Restriktionen bei der Zeitarbeit – das grundsätzliche Verbot der Zeitarbeit im Baugewerbe – zu lockern. Extrem kurze Vorlauffristen bei Auftragsvergaben mit einem nur kurzfristigen Personalmehrbedarf machen eine rasche Anpassung der personellen Kapazitäten erforderlich, für die die herkömmlichen Mittel der Personalrekrutierung, unbefristete Einstellung, keine sachgerechte Lösung bieten. Dies insbesondere dann, wenn vom Gesetzgeber die sachgrundlose Befristung eingeschränkt würde.

Auch führen die bisherigen Restriktionen, die nur Teile des Bauhauptgewerbes betreffen, zu Wettbewerbsverzerrungen bei artverwandten Gewerken mit überschneidenden Tätigkeitsbereichen. Beispiel: Verbot der Zeitarbeit in Stuckateur-, Zimmererbetrieben, keine Restriktionen im Maler- oder Schreinerhandwerk.

Die Möglichkeiten des Datenaustauschs zwischen Zoll, Sozialversicherungsträgern und SOKA-BAU können und müssen dafür genutzt werden, dass hier kein Missbrauch entsteht.

Fazit

Der demografische Wandel auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland macht auch vor dem Baugewerbe nicht halt. Ein Arbeitskräfte- und Fachkräftemangel könnte daher ungewollte Bremsspuren bei der Baukonjunktur hinterlassen, wenn Branche und Politik hier nicht rechtzeitig gegensteuern. Die Unternehmen investieren in Ausbildung, Nachwuchswerbung und die Rekrutierung junger Fachkräfte. Seitens der Politik müssen die Rahmenbedingungen für ein bedarfsorientiertes Einwanderungssystem geschaffen werden, um ein Fachkräfteengpass auf den Baustellen im Land zu vermeiden.

 

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