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Konjunkturbericht

Frühjahrsumfrage: Schwierigkeiten bei der Materialversorgung und Preisentwicklung bei Baustoffen und verschlechterte Finanzierungsbedingungen bremsen Bauwirtschaft

Die etwa 1.200 Unternehmen, die sich an der Frühjahrsumfrage 2022 des ZDB beteiligt haben, melden noch eine gute Auftragslage. Ihre Geschäftserwartungen beurteilen sie hingegen deutlich schlechter. Folgen des Ukrainekrieges sind wiederauflebende Lieferschwierigkeiten und deutliche Preiserhöhungen bei Baumaterialien. Steigende Finanzierungskosten und notwendig steigende Preise für Bauleistungen bremsen die Investitionsbereitschaft in Immobilien. Die eingebremste Nachfrage wird sich stärker in der Umsatzentwicklung in 2023 bemerkbar machen.

Struktur der an der Umfrage teilnehmenden Unternehmen

An der Frühjahrsumfrage 2022 des ZDB haben sich in der Zeit vom 11. bis 25. April 2022  fast 1.200 Unternehmen beteiligt. Knapp die Hälfte der Unternehmen ist schwerpunktmäßig im Hochbau tätig, gut 20% im Hoch- und Tiefbau, ca. 14% im Tiefbau. Dem Ausbau rechnen sich etwa 16% der Teilnehmer zu. (Frage 3).

Etwa 60% der an der Umfrage teilnehmenden Unternehmen haben weniger als 20 Beschäftigte, etwa 40% haben 20 und mehr Beschäftigte. Die Unternehmen mit 20 und mehr Beschäftigten sind damit gegenüber der Grundgesamtheit der Bauunternehmen im Bauhauptgewerbe in Deutschland etwas überrepräsentiert. Im Bauhauptgewerbe in Deutschland haben ca. 90% der Betriebe weniger als 20 Beschäftigte; (Frage 2).

Beurteilung der Geschäftslage und Geschäftserwartungen

Insgesamt wird die derzeitige Geschäftslage von den Unternehmen überwiegend positiv (44%) oder zumindest als „Befriedigend“ (39%) eingestuft. Dies dürfte auf die zu Jahresbeginn bestehenden hohen Auftragsbeständen zurückzuführen sein. Bis zum Februar, d.h. vor dem Ukrainekrieg, war zudem die Ordertätigkeit weiter rege. Nur etwa 17% der Unternehmen bewerten ihre Geschäftslage als „Schlecht“. Allerdings haben die hohen Auftragsbestände auch ein erhebliches Risikopotential. Sie sind häufig noch zu Einstandspreisen kalkuliert worden, die jetzt nicht mehr zu realisieren sind.

Das überwiegend positive Gesamturteil zur Geschäftslage wird maßgeblich durch die Unternehmen im Wohnungsbau und Ausbau gestützt, die auch einen hohen Anteil an den Rückmeldungen zur Umfrage haben. Etwa zwei Drittel der im Wohnungsbau tätige Unternehmen und gut die Hälfte der im Ausbau tätigen Unternehmen bewerten ihre Geschäftslage als „Gut“. Bei den im Wirtschaftsbau, Straßenbau oder öffentlichen Hochbau tätigen Unternehmen sind das jeweils nur 20% bis 30% der Unternehmen; (Frage 5). Diese Bewertungen zur Geschäftslage bleiben allerdings in allen Sparten hinter denen der Umfrage aus dem Frühjahr 2021 zurück.

Hingegen sind Unternehmen aller Bausparten deutlich skeptischer was die Geschäftserwartungen der kommenden Monate angeht. Hier erwarten weniger als 5% eine weitere Verbesserung der derzeitigen Situation, aber knapp die Hälfte der Unternehmen eine Verschlechterung. Ebenfalls knapp 50% der Unternehmen gehen von einer stabilen Baukonjunktur aus. Dies sind deutlich schlechtere Werte als in der Umfrage vor einem Jahr. Als sich während der Corona-Pandemie Lieferschwierigkeiten aufbauten, gingen weniger als 20% von einer Verschlechterung der Situation aus, zwei Drittel der Unternehmen erwarteten eine stabile Baukonjunktur.

Bei der deutlich schlechteren Bewertung der Erwartungen gegenüber der Lage werden die infolge des Ukrainekrieges und der aktivierten Sanktionen gegen Russland eingestellten massiven Lieferschwierigkeiten und Preissteigerungen bei Baustoffen sowie steigende Finanzierungskosten offensichtlich antizipiert. Hier wird nicht erwartet, dass der Druck nachlässt; (siehe auch Fragen 17,18,22). Anders als bei der Lagebeurteilung ist die Skepsis bei den Erwartungen bei allen Bausparten durchschlagend (Frage 6).

Nachfragesituation und Geräteauslastung

Die Reichweite der Aufträge ist spartenspezifisch. Sie reicht im Wohnungsbau mit im Durchschnitt 22 Wochen, den Ausbau mit 19 Wochen, über den Wirtschaftsbau mit 17 Wochen bis zum Straßenbau mit 15 Wochen. Die Werte liegen im Wohnungsbau und Ausbau damit noch über den Werten der vorjährigen Frühjahrsumfrage und bestätigen insoweit die zu Beginn des Jahres 2022 noch herrschende gute Auftragslage; (Frage 8).

Die Geräteauslastung liegt in diesem Frühjahr im Hochbau bei 69%. Hier wirkt der Wohnungsbau stützend. Im Tiefbau liegt der Wert bei 67%, im Ausbau bei 63%. Auch damit werden die Werte aus dem Vorjahr gut gehalten. Der Ausbau ist eine Domäne eher kleinerer Unternehmen. Die Reichweite der Order fällt im Vergleich zum Hoch- und Tiefbau immer etwas ab; (Frage 9).

Umsatzentwicklung

Die wegen des Ukrainekrieges eingetretenen Lieferschwierigkeiten und Preissteigerungen bei Baustoffen sowie steigende Finanzierungskosten schlagen sich auch bei der erwarteten Geschäftsentwicklung in 2022 nieder: Die Erwartungen zur Umsatzentwicklung in 2022 haben sich im Vergleich zur Herbstumfrage erkennbar eingetrübt. Dabei hat es eine stärkere Polarisierung gegeben. Nach wie vor gehen gut 20% der meldenden Unternehmen von Umsatzsteigerungen in 2022 aus. Allerdings sehen 40% der Unternehmen Umsatzrückgänge in 2022. In der Herbstumfrage waren dies erst 27%. Während im Herbst noch gut die Hälfte der Unternehmen stabile Umsätze erwartete, sehen dies nun nur noch gut ein Drittel der Befragten.

Deutlich verhaltener geprägt sind dabei die Einschätzungen zum Wirtschaftsbau und zum öffentlichen Bau. Hier ging der Saldo aus „Höher“ und „Geringer“ Bewertungen zur Umsatzentwicklung gegenüber 2021 um ca. 16-Prozentpunkte bzw. ca. 20-Prozentpunkte zurück. Die wenigsten Abstriche werden beim Wohnungsbau und im Ausbau gemacht.

Aus den Anmerkungen zur Umfrage wird erkennbar, dass die Bauunternehmen mit den Auswirkungen der Orderrückgänge in allen Bausparten auf die Umsatzentwicklung eher in 2023 rechnen.

Im Wohnungsbau bringt das abrupte Förder-Aus bei der KfW-Förderung Bauherren in Schwierigkeit, ihre Finanzierungen darzustellen. Bauunternehmer berichten schon seit dem 1. Förderstopp im Januar 2022 über eine nachlassende Beauftragung. Der Run auf die „Rest-Milliarde“ im April – bei einer Halbierung der Förderung- war innerhalb von Stunden beendet. Hier braucht es jetzt schnell eine verlässliche und verstetigte Neubauförderung, damit für alle Beteiligten Planungssicherheit entsteht. Deutlich verschlechtert haben sich auch die Finanzierungsbedingungen im Wohnungsbau. So haben sich die Zinskosten seit Ende des Jahres 2021 bereits mehr als verdoppelt, mit weiteren Steigerungen ist zu rechnen.

Die Verteuerung der Baustoffe einerseits und das Zurückfahren von Förderbedingungen andererseits ist nicht die Kulisse, in der die ambitionierten Wohnungsbauziele der Bundesregierung erreicht werden können. Dies zeigen auch die Rückmeldungen der Bauunternehmen, die im energieeffizienten Bauen tätig sind. So ist die Nachfrage nach Neubauten im jetzt ungeförderten KfW 55-Effizienzhausstandard deutlich rückläufig geworden. Ähnliches bahnt sich beim KfW 40-Effizienzhausstandard an. Wegen Finanzierungsproblemen werden Projekte nun geschoben.

Im Wirtschaftsbau dämpfen die Folgen des Ukraine-Krieges zunächst die Investitionsbereitschaft in Ausrüstungen und nachfolgend dann auch in Immobilien. Gerade hier rechnen die Befragten auch mit der Stornierung von Aufträgen.

Wegen der jüngsten Preisentwicklungen einerseits und neuen Herausforderungen bei der Unterbringung von Flüchtlingen andererseits, ist in den kommenden Monaten mit einer eher zurückhaltenden Investitionsbereitschaft bei der öffentlichen Hand, insbesondere den Kommunen zu rechnen: Von der öffentlichen Hand (auf allen Ebenen) geplante Projekte haben feste Budgets, die kaum die Preisentwicklungen abdecken werden. Nicht selten sind kommunale Projekte auch an Förderungen gebunden, die ihrerseits auf fixierten Gesamt-Investitionsvolumina beruhen. Werden diese überschritten, stellt sich die Frage der Förderung neu und mithin nicht selten die Umsetzung des Projektes überhaupt. Hier braucht es eine realistische Fortschreibung der Budgets auf Basis der Preisentwicklung. Die Festlegung im Koalitionsvertrag, die kommunale Investitionstätigkeit zu unterstützen, sei es im Wege der Entlastung von Altschulden bzw. durch entsprechende Förderprogramme, muss jetzt zeitnah angegangen werden; (Frage 10 und 22).

Beschäftigtenentwicklung

Deutlich mehr Unternehmen wollen nach wie vor ihren Beschäftigtenbestand aufbauen. Etwa 22% der Unternehmen planen weiteres Personal einzustellen. Nur etwa 7% sehen sich veranlasst, Personal abzubauen. Ganz überwiegend (71%) soll das Personal gehalten werden. Der Beschäftigungsaufbau in der Bauwirtschaft hält mittlerweile schon 13 Jahre an.  Im Jahr 2009 verfügte das Bauhauptgewerbe noch über knapp 705.000 Beschäftigte. In 2021 waren es fast 911.500 Beschäftigte. Für 2022 erwartet der ZDB einen weiteren Aufbau; (Frage 11).

Der Wille, den Fachkräftebestand zu sichern, zeigt sich auch in der Bereitschaft zur Ausbildung. Ein Drittel der Unternehmen will mehr ausbilden. Häufig gelingt es aber nicht, alle Ausbildungsplätze zu besetzen. Fast 60% der Unternehmen melden hier eine Vakanz. Noch im Herbst waren dies erst knapp 50%; (Fragen 11 bis 13).

Investitionen

Die eingetrübten Erwartungen zur Geschäftsentwicklung schlagen sich deutlich in der Investitionsbereitschaft der Unternehmen nieder. Während in der Herbstumfrage der Saldo aus „mehr investieren“ und „weniger investieren“ im Bereich Maschinen bei 20 Prozentpunkten lag und bei der Digitalisierung bei 25%-Punkten, gehen die Werte nun deutlich zurück, im Maschinenbereich auf minus 11%-Punkte und im Bereich Digitalisierung auf plus 9%-Punkte.  Zwei Drittel der Unternehmen wollen ihr Investitionsniveau aber immerhin halten. Im Herbst waren es knapp 60% der Befragten; (Frage 14)

Preisentwicklung

Quasi alle Bauunternehmen (96%) berichten von deutlichen Preissteigerungen, mit denen sie im Einkauf konfrontiert sind. Und 82% der Unternehmen gehen davon aus, dass die Einkaufspreise auch weiter deutlich zulegen. Etwa 16% meinen, der Preisanstieg wird sich verflachen. Niemand erwartet aber rückläufige Einkaufspreise.

Besonders dramatisch wird die Situation bei Betonstahl und erdölbasierten Baustoffen beschrieben. Hier schlägt sich die Verteuerung von Erdgas und Erdöl nieder. Hier wird von den Märkten eine Verknappung eingepreist, die sich noch nicht realisiert hat.

Auch bei allen anderen Baustoffen, wie Holz und mineralischen Baustoffen, inklusive auch mineralischer Dämmstoffe sind deutliche Preiserhöhungen zu verzeichnen.

Die Anmerkungen zur Umfrage (Frage 24), betreffen insbesondere den Bereich der Preisentwicklung bei Baustoffen. Die Bauunternehmen verweisen auf unverlässliche Angebotspreise, die ihrerseits keine verlässliche Kalkulation mehr ermöglichen. Zudem ist die Sorge verbreitet, demnächst bei energieintensiven Baustoffen wie Zement, Ziegeln und Verblendern von Lieferstopps betroffen zu sein.

Die Bauunternehmen kommen nicht umhin die Preise für ihre Bauleistungen anzupassen und die gestiegenen Einkaufspreise auch an den Markt weiter zu geben. In den letzten Monaten haben das etwa 90% der Bauunternehmen getan und sie rechnen damit, dies auch in den nächsten Monaten tun zu müssen. Etwa 10% glauben, ihre Preise halten zu können bzw. zu müssen; (Fragen 19 und 20).

Knapp die Hälfte der Bauunternehmen sieht bei den Kunden Verständnis für Preisanpassungen bei laufenden und Vertragsverhandlungen bei neuen Projekten. Gut ein Viertel der Unternehmen hat aber auch gegenteilige Erfahrungen gemacht.

Explizit zu den Folgen der notwendigen Preiserhöhungen für Bauleistungen gehört die Erfahrung der Bauunternehmer, jetzt mit der Stornierung von Aufträgen konfrontiert zu sein. Dies erscheint im Wohnungsbau (50% der Rückmeldungen) ein noch größeres Problem zu sein als im Wirtschaftsbau und öffentlichen Bau (jeweils ca. 40%). So kommen angebahnte Verträge jetzt häufig nicht mehr zum Abschluss bzw./und zur Umsetzung; (Fragen 15 bis 18 und 22).

Behinderungen Bautätigkeit

Probleme in der Materialversorgung der Baustellen sind zum vorrangigen Behinderungsgrund der Bautätigkeit avanciert. Etwa 80 % der Bauunternehmen sehen sich hier besonders herausgefordert. Bemerkenswert bleibt der hohe Anteil an Rückmeldungen zum Fachkräftemangel. Obwohl die Einschätzungen zu den Geschäftserwartungen insgesamt sehr verhalten ausfallen, zählt der Fachkräftemangel für 70% der Unternehmen zu den wichtigsten Behinderungsgründen der Bautätigkeit. Das spricht für eine immer noch hohe Schlagzahl bei der Bautätigkeit. Zudem sehen die Bauunternehmen die Nachfrage offensichtlich nachhaltig intakt.

Immer noch gibt es erhebliche Auswirkungen auf den Baustellenbetrieb infolge der Erkrankung von Mitarbeitern an Covid-19. Über die Hälfe der Unternehmen meldet, hier betroffen zu sein; (Frage 21).

Auswirkungen Ukrainekrieg

Die Bauunternehmer wurden auch explizit zu den Auswirkungen des Ukrainekrieges auf die Geschäftstätigkeit befragt. Etwa 20% der Bauunternehmen planen gegenwärtig die Inanspruchnahme von Kurzarbeit, knapp die Hälfte der Unternehmen tut das nicht. Unklar darüber ob sie diese Maßnahme ergreifen müssen, ist noch ein Drittel der Unternehmen.

Knapp ein Drittel der Unternehmen rechnet mit Verlusten im Geschäftsjahr 2022. Eine Insolvenzgefahr sehen gleichwohl über 80% der Bauunternehmen (noch) nicht.

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Frühjahrsumfrage: Schwierigkeiten bei der Materialversorgung und Preisentwicklung bei Baustoffen und verschlechterte Finanzierungsbedingungen bremsen Bauwirtschaft

Die etwa 1.200 Unternehmen, die sich an der Frühjahrsumfrage 2022 des ZDB beteiligt haben, melden noch eine gute Auftragslage. Ihre Geschäftserwartungen beurteilen sie hingegen deutlich schlechter. Folgen des Ukrainekrieges sind wiederauflebende Lieferschwierigkeiten und deutliche Preiserhöhungen bei Baumaterialien. Steigende Finanzierungskosten und notwendig steigende Preise für Bauleistungen bremsen die Investitionsbereitschaft in Immobilien. Die eingebremste Nachfrage wird sich stärker in der Umsatzentwicklung in 2023 bemerkbar machen.