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Position des ZDB

Gemeinsam nachhaltig bauen

Nachhaltigkeit als Leitmotiv für zukunftsorientiertes Bauen verbindet einen verantwortungsvollen Klima- und Umweltschutz mit dem Schaffen dauerhafter, werthaltiger und bezahlbarer Bauwerke, deren Substanz am Ende des Lebenszyklus recycelbar oder anderweitig verwertbar ist.

Nachhaltiges Bauen muss nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern immer auch wertbeständig und sozialverträglich sein. Bauen und Wohnen müssen in Zukunft klimagerecht und bezahlbar sein.

Mit folgenden Maßnahmen kann Nachhaltigkeit in der Wertschöpfungskette Bau mehr an Dynamik erfahren.

1. Technologieoffener Klimaschutz bei der Baustoffauswahl

Nachhaltige Bauen bedeutet, die Auswahl der Baustoffe unter ökologischen, ökonomischen und bautechnischen Aspekten über den Lebenszyklus zu betrachten. Der ökologische Fußabdruck hat eine wesentliche Bedeutung. Ebenso entscheidend sind aber auch die Anforderungen an Schall-, Wärme-, Feuchtigkeits- und Brandschutz sowie an die Resilienz gegenüber den Folgen extremer Witterungsereignisse wie z.B. Starkregen, Hagel, Sturm oder Schneemassen. Daher ist es wichtig, die Baustoffauswahl technologieoffen, ganzheitlich und auf Gebäudeebene zu berücksichtigen.

Um das nationale Ziel der THG-Neutralität bis 2045 zu erreichen, müssen Abbau- und Herstellungsprozesse für Baustoffe dekarbonisiert und Forschungsaktivitäten auf THG-Neutralität ausgerichtet werden. Dazu bedarf es massiver Investitionen, die nur auf Basis eines technologieoffenen Innovationswettbewerbs Erfolg haben können. Darüber hinaus sind die positiven Effekte von Kohlenstoffspeicher- und Wiederaufnahmepotenzialen von Baustoffen zu berücksichtigen.

2. Ressourceneffizient Bauen und Potenziale der Kreislaufwirtschaft fördern

Nachhaltig zu bauen bedeutet auch, verstärkt heimische Rohstoffe und Sekundärbaustoffe zu nutzen. In diesem Zusammenhang sind eine Primärrohstoffsteuer abzulehnen und die bestehenden Potenziale zur Stärkung der Kreislaufwirtschaft durch eine tatsächliche Marktöffnung für den Einsatz von Recyclingbaustoffen endlich zu nutzen.

Dazu sind die rechtlichen Rahmenbedingungen wie z.B. in der Mantelverordnung und im Kreislaufwirtschaftsgesetz anzupassen. So muss unter anderem qualitätsgesichertes Recyclingmaterial den Produktstatus erhalten können und darf nicht mehr als Abfall bezeichnet werden.

Eine ressourceneffiziente Nutzung von Rohstoffen ist nur möglich, wenn sie über ihre Erstverwendung hinaus lange im Wirtschaftskreislauf belassen werden. Dazu muss das Recycling oder die Wiederverwendung schon beim Design der Bauprodukte und in der Planungsphase des Bauwerks mitgedacht werden.

3. Bauprozesse optimieren durch Digitalisierung und Vorfertigung

In der Planungsphase wird über die Nachhaltigkeit eines Bauwerks maßgeblich entschieden. Eine umweltschonende Baustelleneinrichtung, der effiziente Einsatz von Ressourcen (Energie und Baumaterialien), eine optimierte Transportlogistik und aufeinander abgestimmte gewerkespezifische Arbeiten für einen reibungslosen Bauablauf tragen zu mehr Nachhaltigkeit im Bauprozess bei. Der zunehmende Einsatz digitaler Werkzeuge und Lösungen ist dabei ein Baustein. Mit dem komplexen Ansatz von Building Information Modeling (BIM) werden so z.B. alle für den Lebenszyklus eines Bauwerks relevanten Informationen und Daten zur Simulation der Nachhaltigkeitskriterien optimiert.

Optimierungsgewinn ergibt sich auch aus der Vorfertigung von ganzen Bauwerksteilen im Werk. Dieses elementierte Bauen verkürzt Bauzeiten auf der Baustelle, sichert eine hohe bautechnische Qualität, fördert die ressourceneffiziente Verwendung von Baustoffen und hilft zudem, die Auswirkungen des Fachkräftemangels abzufedern.

4. Hohe Gebäudeenergieeffizienz in Neubau und Bestand fördern

Um die Klimaschutzziele im Gebäudebereich zu erreichen, ist neben einem hohen Energieeffizienzstandard im Neubau insbesondere der Bestand an Gebäuden umfassend energetisch zu sanieren. Der Bauherr sichert sich mit einer entsprechenden Investition langfristig den Werterhalt seiner Immobilie. Gleichzeitig muss Wohnen jedoch für alle bezahlbar bleiben. Staatliche Förderprogramme wie die Bundesförderung für effiziente Gebäude müssen angepasst an die gesetzlich geforderten Energieeffizienzstandards eine ausreichende finanzielle Förderung bieten.  Bei einer Anhebung der verbindlich einzuhaltenden Effizienzstandards ist zu berücksichtigen, dass der Bund nur fördert was er nicht schon fordert. Hier sind die Förderkulisse und das Verhältnis von Fördern und Fordern anzupassen.

Die derzeitige energetische Sanierungsrate im Gebäudebestand liegt bei etwa 1 % und muss auf mindestens 2 % angehoben werden. Um für möglichst viele Bauherren und Eigentümern geeignete Anreize zu schaffen, sind Information und Förderung der richtige Ansatz. Die stufenweise Sanierung durch Einzelmaßnahmen muss dabei ebenso möglich sein wie eine Komplettsanierung nach einem Sanierungsfahrplan.

5. Einfache Bewertung nachhaltiger Bauwerke

Um das Verständnis und die Idee des nachhaltigen Bauens einem breiten Bauherren- und Eigentümerkreis zu erschließen, bedarf es umfangreicher Information und Aufklärung. Die dazu erforderlichen Daten müssen eine einfache Bewertung des Bauwerks von der Planung über die Ausführung bis zum Rückbau, also über den kompletten Lebenszyklus ermöglichen. Die bisher verfügbaren Systeme zur Bewertung und Zertifizierung nachhaltiger Bauwerke sind komplex sowie kosten- und zeitaufwendig und für private Bauherren weniger attraktiv.

Eine Orientierung für ein einfaches Bewertungssystem könnte am EU-Bewertungssystem Level(s) erfolgen. Hier werden in einem leicht bedienbaren Tool z.B. das Treibhausgaspotenzial, der Energie-, Material- und Wasserverbrauch, das Abfallaufkommen, die Raumluftqualität und die Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel betrachtet.

6. Vom einzelnen Gebäude zum Quartiersmanagement

Einzelne Gebäude können in unterschiedlicher Weise ihren speziellen Beitrag zur Erreichung der Klima- und Nachhaltigkeitsziele beitragen. Betrachtet man ganze Quartiere, eröffnen sich neue Wege in der Energieversorgung und Mobilität. Hier ist die Stadtplanung aufgefordert, integrierte Konzepte zu entwickeln. Die energetische Sanierung sollte im Rahmen der Städtebauförderung auch durch klimafreundliche Quartierslösungen gefördert werden.

7. Ausbau der Verkehrsinfrastruktur strategisch weiterentwickeln

Das vorhandene Verkehrsinfrastrukturnetz muss durch Sanierungs-, Erhaltungs- und Neubaumaßnahmen weiterentwickelt und ausgebaut werden. Nur so ist die von der Gesellschaft benötigte Mobilität, aber auch gleichzeitig die Flexibilität, kurze und klimaschonende Transportwege zu wählen, umsetzbar.  Dabei lässt sich der ökologische Fußabdruck durch den Einsatz von Recyclingmaterialien verringern.

8. Auftragsvergabe der öffentlichen Hand

Um ihrer besondere Verantwortung und Vorbildwirkung bei der Umsetzung der Nachhaltigkeits- und Klimaziele der Bundesregierung gerecht zu werden, muss die öffentliche Hand (Bund, Länder und Kommunen) in ihren Ausschreibungen und Vergaben von Baumaßnahmen standardmäßig Recycling-Materialien stärker berücksichtigen. Dabei sind Produktneutralität und Technologieoffenheit zu gewährleisten. Unter dem Aspekt des Ressourcenschutzes muss bei gleicher Eignung Recycling-Baustoffen der Vorzug zu geben. Bei den Primärbaustoffen sollte zunehmend auf regionale und nachwachsende Produkte geachtet werden.

Die öffentliche Hand muss bei Ihren Ausschreibungen die Möglichkeit der Nebenangebote zulassen, so dass die Auftragnehmer umweltfreundliche Alternativen platzieren können.

9. Stabile Rahmenbedingungen für das Baugewerbe

Um die steigende Nachfrage nach Bauleistungen bedienen und den neuen Anforderungen an Bauen in Zusammenhang mit der Nachhaltigkeit gerecht zu werden, sind zusätzliche Investitionen und ein Aufbau an entsprechenden personellen Kapazitäten für die Bauunternehmen erforderlich.

Bund, Länder und Kommunen müssen für langfristig stabile Rahmenbedingungen sorgen, damit Planungs- und Handlungssicherheit gewährleistet sind. Ständige ordnungspolitische Eingriffe/Anpassungen schaffen diese Sicherheit nicht. Beim Stellen neuer Anforderungen ist der Impuls auf die Investitionsneigung im Blick zu behalten.

10. Reformkommission Nachhaltiges Bauen

Eine Reformkommission „Nachhaltiges Bauen“ sollte sich in der nächsten Legislaturperiode intensiv mit den wesentlichen Clustern Digitalisierung, Produktionsprozesse von Baustoffen, Umweltdaten, Logistik, Bauweisen, Wiederverwendung und Recycling von Baumaterialien sowie nachhaltiges Bauen in Ausbildung und Studium auseinandersetzen.

Unter aktiver Mitwirkung von Mitgliedern des Bundeskanzleramtes, des Bauministeriums, des Verkehrsministeriums, des Umweltministeriums und des Wirtschaftsministeriums, aus Universitäten, dem Fraunhofer Institut sowie den Verbänden der Wertschöpfungskette Bau könnte sich jeweils eine Universität schwerpunktmäßig um die wissenschaftliche Begleitung je eines der o.g. Cluster kümmern.

Fazit

Im Gebäudebereich wurden die CO2-Emissionen seit 1990 bereits um 42,9 Prozent reduziert. Die Bauwirtschaft steht mit ihren hochqualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bereit, ihren Beitrag auch für das Ziel der Treibhausgasneutralität 2045 zu leisten - durch klimaneutralen Neubau wie durch energetische Sanierung der Bestandsbauten. Mit innovativen Bauweisen, Bauverfahren und Baustoffen und nicht zuletzt durch die Digitalisierung stellt sich die Bauwirtschaft der Herausforderung Klimaneutralität.

Aber auch die Politik ist gefragt, denn zu ambitionierten Klimaschutzzielen gehört auch eine starke Förderkulisse. Diese muss technologie- und baustoffoffen ausgerichtet sein und darf keine neuen bürokratischen Hürden aufbauen.

Das Baugewerbe übernimmt in der Beratungs- und Bauphase mit seinem technischen Spezialwissen und seiner Kompetenz in Sachen Hochbau, im Verkehrswegebau und im Ausbau, aber auch in den Spezialthemen, wie der energetischen Gebäudesanierung und dem Recycling eine Schlüsselfunktion: Die bauausführenden Unternehmen bauen die Klimawende.

Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) ist der einzige Branchenverband, der alle Sparten des Bauens vertritt. Vom mineralischen Bauen, über den Holzbau, die hybride Bauweise, den Ausbau, den Straßen- und Tiefbau wie auch dem Brunnenbau und der Geothermie leisten unsere Betriebe in allen Bausparten ihren Beitrag zum nachhaltigen Bauen.

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Gemeinsam nachhaltig bauen

Nachhaltigkeit als Leitmotiv für zukunftsorientiertes Bauen verbindet einen verantwor-tungsvollen Klima- und Umweltschutz mit dem Schaffen dauerhafter, werthaltiger und bezahlbarer Bauwerke, deren Substanz am Ende des Lebenszyklus recycelbar oder ander-weitig verwertbar ist.