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Position des ZDB

Koalitionsvertrag 2021

Das Ergebnis der Bundestagswahl brachte zum Ende des Jahres 2021 für die Bundesrepublik erstmals ein Dreierbündnis aus SPD, Bündnis90/Die Grünen und Freie Demokraten. Diese drei Parteien bilden die sog. Ampel-Koalition. In ihrem 177 Seiten starken Koalitionsvertrag legen sie ihre Vorstellungen für die Politik der 20. Legislaturperiode dar.

Welche Konsequenzen daraus für die Bauwirtschaft erwachsen, erfahren Sie auf dieser Seite.

Die neue Ampel-Koalition hat auf 177 Seiten ihre Vorstellungen für die Gestaltung der Politik in der 20. Legislaturperiode vorgelegt. Nachdem alle drei Parteien dem Vertrag zugestimmt haben, kann die Umsetzung der vielen Maßnahmen beginnen.

Besonders erfreulich aus Sicht der Bauwirtschaft ist, dass die Bedeutung des Bausektors als Schlüsselbranche für Wachstum und Beschäftigung nun endlich mit einem eigenständigen Ministerium unterstrichen wird. Damit ist man einer langjährigen ZDB-Forderung nachgekommen. Das Haus wird zukünftig SPD-geführt sein.

Positiv zu bewerten ist auch die grundsätzliche Bereitschaft, mit den Stakeholdern einen vertrauensvollen, engen Austausch zu wahren. So sollen sowohl im Wohnungsbau als auch für die Verkehrsinfrastruktur Dialogprozesse mit den verschiedenen Akteuren in Gang gesetzt werden. Auch bei den Bürokratiekosten soll ein Praxischeck unter Einbeziehung der Wirtschaft stattfinden. Hierfür steht der ZDB als größter und ältester Branchenverband natürlich in allen Bereichen zur Verfügung.

Bewertung einzelner Punkte aus dem Koalitionsvertrag

Bauen und Wohnen

Erhöhung der linearen Afa auf 3 %

Als richtigen Investitionsanreiz für den Mietwohnungsbau begrüßt der Verband die Erhöhung der linearen Abschreibung von zwei auf drei Prozent. Die Umsetzung dieser ZDB-Forderung war lange überfällig. Hiermit will die Koalition vor allem eine klimagerechte Neubauoffensive starten.

400.000 Wohnungen

Laut Koalitionsvertrag sollen jährlich 400.000 neue Wohnungen fertiggestellt werden. Das ist ein äußerst ambitioniertes Ziel, denn es müssten schlagartig 30 % mehr Wohnungen jährlich gebaut werden, da in den vergangenen Jahren jeweils rund 300.000 Wohnungen jährlich gebaut wurden. Die richtige politische Linie, dass gegen die Wohnungsnot vor allem neues Bauen hilft, ist allerdings zu begrüßen.

Der ZDB unterstützt einen nachhaltigen bedarfsgerechten Wohnungsbau, der auch die mittelfristige Perspektive im Blick hat. Richtig ist, dass es vor allen Dingen an preiswerten Wohnungen mangelt. Die beabsichtigte Aufstockung der Mittel bei der sozialen Wohnraumförderung ist ebenfalls positiv zu bewerten. Allerdings fehlt hier die verbindliche Aussage zur Mittelhöhe.

Erhöhung der geforderten energetischen Standards

Im Rahmen eines Klimaschutzsofortprogramms soll beim energieeffizienten Neubau wie auch bei den Standards zur Gebäudesanierung vom Primärenergieaufkommen auf Treibhausgasemission umgestellt werden. Damit wird der Einsatz von erneuerbaren Energien in den Fokus gerückt. Im Neubau soll ab 2025 EH 40 als Standard gelten und im Bestand ab 2024 EH 70. Es ist nicht ausgeführt, ob zukünftig auch gefördert wird, was gefordert ist. Da der Einsatz erneuerbarer Energien aber im öffentlichen Interesse liegt, sollte gefördert werden, was gefordert ist. Andernfalls droht ein Investitions-Attentismus, zumal die verpflichtende Einführung des EH 40-Standards zu einer erheblichen Kostensteigerung im Wohnungsbau führen wird.

Förderung von Wohneigentum

Die Ampelkoalition will Hürden beim Eigentumserwerb senken, indem eigenkapitalersetzende Darlehen zur Verfügung gestellt und Schwellenhaushalte langfristig mit Tilgungszuschüssen und Zinsverbilligungen unterstützt werden.

In dieselbe Richtung zielt auch die beabsichtigte flexible Gestaltung der Grunderwerbsteuer bei den Ländern. Hier fehlen allerdings noch die Ausführungen zu den Details. Da Wohneigentum am besten vor Altersarmut schützt, sind alle Maßnahmen, die die Eigentumsbildung unterstützen, positiv zu bewerten.

Mobilität und Verkehr

Infrastrukturinvestitionen

Das Bekenntnis der Ampelkoalition im Koalitionsvertrag zum Ausbau und zur Modernisierung der Infrastruktur ist grundsätzlich positiv zu bewerten. Dazu passt das Bekenntnis, Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur weiter zu erhöhen und langfristig abzusichern. Allerdings fehlen Aussagen über die finanzielle Ausstattung. Ein Schwerpunkt liegt, wie bereits in der vergangenen Legislaturperiode auch, in den Erhaltungsmaßnahmen. Darüber hinaus ist unklar, wie sich die Mittel auf Straße und Schiene aufteilen.

Mit Blick auf die notleidenden Brückenbauwerke in Deutschland befürworte der ZDB den stärkeren Fokus auf Erhalt und Sanierung der Ingenieurbauwerke im Bundesfernstraßenbau und der schrittweisen Erhöhung des Anteils der Erhaltungsmittel bis 2025 bei wachsendem Etat.

Planungsbeschleunigung

Positiv zu bewerten sind die konkreten Ziele zur Planungsbeschleunigung. Das Ziel, die Verfahrensdauern zu halbieren, ist ambitioniert, aber erstrebenswert. Konkret angesprochene Maßnahmen wie

  • die materielle Präklusion mit Stichtagsregelung,
  • Aufstockung von Personal in den Verwaltungen und Gerichten,
  • Ausbau der Beratungskapazitäten,
  • Legalplanungen von bedeutsamen Infrastrukturmaßnahmen,
  • Pakt von Bund und Ländern 

werden unterstützt.

ÖPP

Das Bekenntnis der Koalition, dass es bei Kernaufgaben des Staates grundsätzlich bei einer staatlichen Umsetzung und Finanzierung verbleibt und ÖPP-Projekte nur als ausgewählte Einzelprojekte vorstellbar sind, ist positiv zu bewerten. Hier soll es zukünftig Wirtschaftlichkeitsberechnungen, die auch die Risiken miteinbeziehen, geben; deren Ergebnisse wie auch die Verträge selbst sollen transparent im Internet einsehbar sein. Die Empfehlungen des Bundesrechnungshofes zu den Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen sollen ebenfalls berücksichtigt werden.

Umwelt- und Klimapolitik

Energie und Transformation

Die Koalition formuliert sehr ambitionierte Ziele zum Ausbau der erneuerbaren Energien bei der Stromerzeugung. So sollen bis 2030 ca. 550 TWh aus erneuerbaren Energien generiert werden. Das ist mehr als eine Verdopplung des Niveaus aus 2019/2020 mit ca. 230 TWh. Das Ziel zum Ausbau der installierten Photovoltaikanlagen ist für 2030 mit 200 GW formuliert, derzeit sind es ca. 50 GW.

Um diese Ziele zu erreichen, ist u.a. vorgesehen:

  • Eine Nutzung von Solarenergie wird bei gewerblichen Neubauten verpflichtend und bei privaten nach Möglichkeit vorgeschrieben.
  • Für Windenergie sollen 2 % der Landesfläche ausgewiesen werden.
  • Der Ausbau der Netze soll zügig vorangetrieben werden.

Kreislaufwirtschaft

Die Zielsetzung, den primären Rohstoffverbrauch zu senken und geschlossene Stoffkreisläufe zu schaffen, ist grundsätzlich zu unterstützen. Das gilt auch für die Absicht, abfallrechtliche Vorgaben zu überprüfen. Für das Baugewerbe steht dabei die Ersatzbaustoffverordnung an oberster Stelle.

Strategien zu entwickeln und Recycling-Labels zu schaffen, kann nicht falsch sein. Dennoch brauchen Bauprodukte kein Recycling-Label. Für diese sollen die Anforderungen an die Recyclingfähigkeit in die siebte Grundanforderung an Bauwerke (BWR7) der BauPVO eingehen. Dafür müssen nationale Voraussetzungen geschaffen werden.

„Qualitätsgesicherte Abfallprodukte sollen aus dem Abfallrecht entlassen werden und einen Produktstatus erlangen.“ Hierfür gibt es uneingeschränkte Zustimmung, denn dieses entspricht einer seit langem erhobenen Forderung des Baugewerbes. Das Abfallende für Recycling-Produkte im Baubereich wurde jedoch bei Verabschiedung der Mantelverordnung im vergangenen Jahr versäumt. Dieses ist aber zur Erreichung der Recyclingziele unabdingbar notwendig.

 

Diese und weitere Themen, wie z.B. zur Wirtschafts- und Steuerpolitik, zur Arbeitsmarkt-, Sozial- und Bildungspolitik, finden Sie ausführlich dargestellt in unserem Baustein 65/2021: Baugewerbe sieht Licht und Schatten über dem Koalitionsvertrag der Ampel.

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Koalitionsvertrag 2021

Erstmals gibt es in der Bundesrepublik ein Dreierbündnis aus SPD, Bündnis90/Die Grünen und Freie Demokraten als Regierungskoaltion. In ihrem 177 Seiten starken Koalitionsvertrag legen sie ihre Vorstellungen für die Politik der 20. Legislaturperiode dar. Welche Konsequenzen daraus für die Bauwirtschaft erwachsen, lesen Sie auf unserer Webseite.